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Mittwoch, 3. Februar 2010

Fünfter Eintrag.

Ich möchte euch einen Blick in meinen Kopf riskieren lassen. Es sei jedoch gesagt, dass es auch ein Blick in die Vergangenheit ist.

Meine Ohren werden von den Innenschenkeln ihrer Beine gewärmt, während meine Lippen ihren Körper berühren. Sie schlägt die Augen auf und ein leises Stöhnen schwebt durch den Raum. Ich schlage meine Augen nieder. Mein Kopf ist leer. Ich schlafe mit ihr. Unsere nackten Körper liegen aufeinander. Die dünnen Schweißfilme vermischen sich. Das Licht flackert im halb dunkel. Ich stehe neben mir. Schaue mir selbst zu. Und fühle nichts. Der sanfte Rhythmus unserer Lungen verbindet sich. Meine Augen fallen zu. Schwärze umgibt mich. Ich blinzle, doch die Schwärze verfliegt nicht. Ich weiß nicht ob ich blinzle. Auf dem Nachttisch liegen Geldscheine in der fremden Währung. Stille Zeugen einer Nacht ohne Liebe.

Meine Schwester war schon lange vor mir in der Fremde angekommen. Ich sah ihren leblosen Körper am Straßenrand nach einer weiteren Explosion. Ich sah sie in den Armen weinender Mütter, die auf dem Feld von den Kampfflugzeugen heimgesucht wurden. Wohin ich meine Waffe auch richtete, der Lauf zielte auf den Körper meiner Schwester.

Im Zimmer einer Hure stand ich am Fenster und betrachtete die Straße. Soldaten zogen hindurch. Schüsse fielen. Meine Schwester sank getroffen zu Boden. Die Hure trat neben mich.

„Mina“, flüsterte sie in mein Ohr. „Das Mädchen dort heißt Mina. Ich kannte sie, seit dem Tag ihrer Geburt. Es ist nicht deine Schwester, Fremder. Es ist die Schwester eines anderen. Die Schwester deines Feindes. Aber es ist auch deine Schwester, Fremder. Verstehst du? Du bist auch der Feind. Deine Schwester war schon tot bevor sie in London starb. Mina ist auch deine Schwester.“

Das Glühen verschwand mit dem Licht in den Augen von Mina. Ausgehaucht vom Flüstern einer Hure, deren Name ich nicht kannte. Ich legte die Waffe nieder. Vorerst.

Für mich sind sie bereits tot. Denn ich fühle mich, als würde ich etwas sterben sehen.

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